Dummes Ding - G´scheites DingDer zweite Zyklus von Ulli Klepalski, "Das dumme Ding", zeigt eine grundsätzlich andere Arbeitsweise der Künstlerin. Hier wird weniger gezeichnet als collagiert. Der Ausgangspunkt für diese Collagen war das Illustrierte Familienblatt "Die Gartenlaube", Vorform der heutigen Illustrierten. Ausgaben aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts fanden sich im Familienfundus der Künstlerin. Diese Verfremdung von Bildern treibt die Künstlerin noch weiter in der Collagenovelle "Das dumme Ding", in der sie Bildbausteine aus den Gartenlaube-Illustrationen zu völlig neuen Bildern zusammensetzt und diese Bilder in einen großen erzählerischen Bogen spannt. Es entsteht das Epos eines Mädchens, seine Entwicklungsgeschichte vom Kindchen im Steckkissen bis zur Erlösung. In einer komplizierten Katharsis wird das dumme zum gescheiten Ding geläutert. Diese Entwicklungsgeschichte kann man lesen als die Suche nach weiblicher Identität und den Versuch, sich in der Gesellschaft einzurichten. Dabei werden alle psychologischen Mechanismen wie Gewalt und Diskriminierung, Unterdrückung, Beschränkung und Bevormundung, aber auch Selbsthass und Zerstörungsdrang aufgezeigt. Zwischen fremden Mächten bewegt sich die widerständige Gestalt des "dummen Dings" und findet seinen Weg durch das Trümmerfeld weiblicher Selbstreflexion, hin zur Befreiung durch weibliche Selbstbestimmung, zur Autonomie und Kontrolle über das eigene Sein. UK lässt "Das dumme Ding" in mehreren unterschiedlichen Figurinen und auch mehrmals in einem Bild auftreten, um damit das prozesshafte Geschehen im zeitlichen Ablauf zu verdeutlichen. Die Anfertigung dieser Collagen geschah in einem wahren Schaffensrausch: Wochenlang schnitt UK aus den Illustrationen der Gartenlaube Bildmotive, Einzelfiguren heraus, sortierte, gruppierte die Schnipsel, komponierte Bilder und entwarf den großen Handlungsbogen. Endlose Suche nach bestimmten Motivteilen, Figuren, Landschaften, Gegenständen. Erleichtert steckt sie Illustrationen in den Ofen, die völlig ausgereizt sind und von denen nichts mehr brauchbar erscheint. Das Ergebnis dieser aufreibenden Arbeit lässt in der Raffinesse der Collagierung und der Bilderfindung an einen großen Meister denken: Max Ernst mit seinem Bilderroman "Une semaine de bonté" von 1933, in dem er Illustrationen aus den Groschenheften des späten 19. Jahrhunderts in schaurig-schöne Geschichte der Menschheit zwischen Albtraum und Wirklichkeit verwandelte. Mit UK erleben wir eine emanzipatorisch gestimmte "semaine de bonté". |
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